Von Harald Neuber in: Neues Deutschland vom 30.07.2011
Die Essenz der Reformen lautet: Mehr Eigenverantwortung, weniger Belastung für den Staat
Seit fünf Jahren ist in Kuba Raúl Castro an der Regierung. Einer neuen Kultur in der Politik sollen nun wirtschaftliche Neuerungen folgen.
Es sind in Kuba mitunter Details, die auf größere Veränderungen schließen lassen. Als am vergangenen Dienstag in Ciego de Ávila, rund 400 Kilometer östlich von Havanna, die Feierlichkeiten zum 58. Jahrestag des Sturms auf die Moncada-Kaserne stattfanden, saß Staats- und Regierungschef Raúl Castro in der ersten Reihe. Der langjährige Verteidigungsminister trug eine weiße Guayabera, ein regionaltypisches Leinenhemd, und ließ seinem Stellvertreter José Ramón Machado Ventura den Vortritt. Der Unterschied zum Stil des Revolutionsführers Fidel Castro war deutlich, der in Uniform mitunter über Stunden hinweg emotionale Reden über Kuba und die globale Lage hielt.
Machado Ventura beschränkte sich auf aktuelle Punkte. Die Regierung sei tagtäglich damit befasst, wirtschaftspolitische Neuerungen umzusetzen, die auf dem Parteitag im April beschlossen worden waren. Unter der Leitung des Vizepräsidenten des Ministerrates, Marino Murillo, würden die »Leitlinien«, so der Name des umfassenden Dokuments, in Gesetze gefasst. Am kommenden Montag werden die 600 Abgeordneten der Nationalversammlung in Havanna zusammentreffen, um die Bestimmungen zu debattieren und abzusegnen.