Festakt ohne Fidel?

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FAZ Net, Von Matthias Rüb, Havanna

30. Dezember 2008

Noch wenige Tage, und viele rätseln: Wird Fidel Castro, der sich seit seiner Darmoperation im Juli 2006 nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hat, an Neujahr auftreten? Am 1. Januar begeht Kuba den 50. Jahrestag der Revolution. Am Neujahrstag 1959 floh der Diktator Fulgencio Batista aus dem Präsidentenpalast in Havanna ins Ausland. Am gleichen Tag verkündete der damals 32 Jahre alte Fidel Castro in Santiago de Cuba den Sieg der Revolution. Der Marsch der siegreichen Rebellen, geführt von den Brüdern Fidel und Raúl Castro, dazu den Vollbart-Revolutionären Che Guevara und Camilo Cienfuegos, durch die Städte und Dörfer bis in die Hauptstadt Havanna war ein Triumphzug.faz081230

In der Parteizeitung „Granma“ – benannt nach der Yacht, mit der Fidel, Raúl und 79 Getreue im November 1956 vom mexikanischen Exil nach Kuba zurückkehrten und in der Sierra Maestra im Osten des Landes den nach gut zwei Jahren schließlich erfolgreichen Guerrillakampf aufnahmen – ist von der „Feier des ersten halben Jahrhunderts der Revolution“ die Rede. Das legt den Gedanken nahe, dass die Revolution auch die zweite Hälfte zum vollen Jahrhundert überdauern werde.
Fidel Castro, der sich seit seiner Machtübernahme keiner einzigen demokratischen Wahl stellte, erlebte zehn amerikanische Präsidenten, entkam manchem Mordanschlag, überdauerte die vom amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützte Invasion in der Schweinebucht 1961 und die amerikanisch-sowjetische Raketenkrise 1962. Er saß das seit 47 Jahren bestehende amerikanische Wirtschaftsembargo aus und überstand den Zusammenbruch der verbündeten Sowjetunion. Im Zeitalter der Globalisierung zieht er noch immer die Fäden, an denen das Leben der 11,3 Millionen Kubaner hängt.
Welch ein Triumph wäre es für Castro, der wegen seiner Krankheit die Macht im Februar auch offiziell an seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Raúl übergab, den 50. Jahrestag seiner Revolution auch persönlich zu zelebrieren. Doch so viel scheint klar: Am Festakt in Santiago de Cuba wird Fidel Castro nicht teilnehmen. Stattdessen wird dort Bruder Raúl die Rede halten. Aber auch in Havanna wird kein Auftritt Fidels erwartet, obwohl die staatlichen Medien seit Tagen verkünden, Besucher Fidels, der sich an einem geheimen Ort in Havanna aufhält, hätten ihn in deutlich verbesserter Verfassung angetroffen.

Tatsächlich liefert Fidel in seinen „Reflexionen“, fast wöchentlich in der „Granma“ zu lesen, den Beweis, dass er auf der Höhe der Zeit ist. Den Umweltgipfel in Posen hat er ebenso kommentiert wie die Finanzkrise an der Wall Street. Zur Ernennung von Kabinettsmitgliedern des gewählten Präsidenten Obama gibt er zu Protokoll: „Das Imperium muss wissen, dass die souveränen Rechte des kubanischen Volkes unverhandelbar sind, auch wenn unser Vaterland in Schutt und Asche gelegt werden mag.“ Einen solchen Satz würde er gewiss sagen, wenn er am Donnerstag doch vor das kubanische Volk träte.

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